Sportvg Feuerbach Info 01/2022

8 9 SPORTVG FEUERBACH SPORTVG FEUERBACH INFO-MAGAZIN 1-2022 INFO-MAGAZIN 1-2022 „MOTORISCHE GRUNDFORMEN WERDEN SPIELERISCH TRAINIERT“ Martin Finkbeiner, Chef-Entwicklungsingenieur bei der Firma Benz Sportgeräte in Winnenden, hat die Bewegungslandschaft im Vitadrom entwickelt und geplant. Zusammen mit Sportvg-Geschäftsführer Benjamin Haar erläutert der 58-jährige im Interview mit Friederike Herget das Konzept und den Nutzen der neuen Anlage imVitadrom. Wenn man sich die Grafik der geplanten Bewegungslandschaft anschaut, kann man ahnen, welch Paradies zum Klettern, Springen und Hangeln entstehen wird. Welche Gründe gab es, im Vitadrom eine Bewegungslandschaft zu erreichten? Wie seid ihr drauf gekommen? Benjamin Haar: Wir wollen unsere Angebote für Kinder stärken. Hier erfahren wir derzeit eine sehr hohe Nachfrage. Und gerade jetzt in der Corona-Zeit ist doch deutlich geworden, dass wir noch mehr für unsere Kinder und Jugendlichen tun müssen. Da entstand die Idee einer Bewegungslandschaft, so kam alles in Gang. Welches Prinzip steckt hinter dem Konzept einer Bewegungslandschaft? Was macht für Sie als Entwickler eine gute Bewegungslandschaft aus? Martin Finkbeiner: Bei dieser Frage muss man etwas ausholen: Kinder erschließen sich ihre Welt durch Bewegung. ImWald balancieren sie über Baumstämme, jede Mauer wird zum Balancieren genutzt. Kinder klettern auf Bäume, springen über Gräben oder Bäche und hangeln auch von Ast zu Ast. Diese Bewegungserfahrungen in einem eigens dafür eingerichteten Bewegungsraum zu ermöglichen, ist die Grundidee einer Bewegungslandschaft. Dafür geeignete Aufbauten lassen sich in einer Sporthalle nur mit einem extrem großen Aufwand realisieren. Bei der begrenzten Zeit im Schulsport oder in Kindersportkursen ist das gar nicht möglich. Und gut ist eine Bewegungslandschaft dann, wenn der Raum an sich schon einen hohen Aufforderungscharakter hat, sich darin bewegen zu wollen, und wenn die eben genannten Bewegungsformen und Bewegungserfahrungen alle möglich sind. Auch das Farbkonzept ist Teil der gesamten Idee. Es soll die Kinder und Jugendlichen auffordern, den Raum zu erkunden. Das soll Spaß machen. Daher ist alles etwas farbenfroher. Welche Anforderungen und Wünsche gab es seitens des Vereins denn? Benjamin Haar: Unsere Bewegungslandschaft wird eine der ersten sein, die in den Bestand integriert wird. Da müssen sich die Wünsche und Planungen stark nach den vorhande- nen Gegebenheiten und Möglichkeiten richten. Aber ich glaube, wir haben das Maximum rausgeholt. Martin Finkbeiner: Ja, das haben wir. Und man darf nie vergessen, die Sicherheit der Nutzer steht immer an höchster Stelle; dadurch können nicht alle Ideen umgesetzt werden. Benjamin Haar: Die Planung der Bewegungslandschaft ist in ganz enger Abstimmung erfolgt. So sind von beiden Seiten Ideen eingeflossen. Der Raum besteht aus vielen verschiedenen Elementen. Gibt es auch die Möglichkeit, einzelne Elemente zu verändern? Martin Finkbeiner: Die meisten Einbauten in der Bewegungslandschaft sind fest. Aber alleine die Schaumstoffschnitzel in der Schnitzelgrube können natürlich benutzt werden, um Türme zu bauen oder als Hindernisse zum Überspringen zu verwenden. Durch ein paar zusätzliche freie Elemente kann der Bewegungsraum durch die Kinder und Jugendlichen verändert werden. Hier hängt vieles vom kindlichen Spiel und der Kreativität ab. Und was ist der Unterschied zu einem Indoor-Spielplatz? Martin Finkbeiner: Die Firma Benz hat ihren Ursprung im Bau von Turngeräten. Und auf diesen Wurzeln baut auch das Konzept der Bewegungslandschaft auf. Turngroßgeräte, wie ein Trampolin, und die Schnitzelgrube werden mit Geräten zum Hangeln, Balancieren usw. kombiniert. Das heißt die Ausstattung ist bewusst so gewählt, dass grundlegende motorische Fähigkeiten spielerisch trainiert werden. Allein diesen Anspruch verfolgt ein Indoor-Spielplatz nicht. Hier geht es ja vorwiegend um Spaß und Spielen. Das heißt der Raum ist nur für Kinder und Jugendliche? Martin Finkbeiner: Keinesfalls, allerdings war es mal die ursprüngliche Idee, einen Bewegungsraum vor allem für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Es hat sicher aber gezeigt, dass alleine in der Schnitzelgrube ein hoch intensives Training auch für Erwachsene organisiert werden kann. Zudem ist beispielsweise ein gutes Sturzprophylaxetraining in einer Bewegungslandschaft möglich. Unabhängig davon macht es natürlich auch Erwachsenen großen Spaß, in der Bewegungslandschaft zu spielen und zu toben. Benjamin Haar: Wir planen, dass die Bewegungslandschaft von einzelnen Kindern und Jugendlichen während der offenen Stunden besucht werden kann. Die Anlage kann aber natürlich auch von Gruppen für kleine Events, für Geburtstage oder einfach nur zum Spaß gebucht werden. Und ganz ehrlich, kein Erwachsener wird es sich dann nehmen lassen, zu klettern, zu springen und zu hüpfen. Auch sie werden ins Schwitzen kommen. Wie lange braucht es überhaupt, bis eine Bewegungslandschaft geplant und letztendlich gebaut ist? Martin Finkbeiner: Da eine Bewegungslandschaft im Prinzip bis zur letzten Schraube individuell geplant wird, steckt schon in der Planung sehr viel Zeit. Das benötigt mindestens einen Monat. Ebenso lange ist die Zeit für die Fertigung bei uns imWerk. Auch für den Einbau werden wir bei einer Anlage in dieser Größe mindestens vier Wochen benötigen. Stimmt es, dass alles handgefertigt ist? Martin Finkbeiner: Eine Bewegungslandschaft muss, wie vorher bereits erwähnt, immer individuell an die räumli- chen Gegebenheiten angepasst werden. Das bedeutet auch, dass alle verbauten Teile eigens angefertigt werden. Das meiste produzieren wir in unseremWerk inWinnenden oder haben Zulieferer aus der Region. Es werden dabei hoch- wertige Materialien verarbeitet, so dass kaumWartungs- und Instandhaltungsbedarf besteht. Natürlich werden die einzelnen Elemente und die Anlage aber gereinigt. In regelmäßigen Abständen sind auch die etwa 4.000 Schnitzel der Schnitzelgrube zu reinigen. Sie sind dafür mit einem Stoffüberzug versehen, der dann zum Waschen abgenommen werden kann. Was kostet die Sportvereinigung der Bau der Bewegungslandschaft? Und wie wir er finanziert? Benjamin Haar: Die gesamte Anlage wird etwa eine dreiviertel Million kosten, die größte Einzelinvestition der letzten Jahre. Wir erhalten für das Projekt Zuschüsse. Im Wesentlichen wird sich die Anlage aber durch die Nutzungsgebühren für Gruppen, durch Veranstaltungen oder bei offenen Stunden refinanzieren. Es sind auch spezielle erlebnispädagogische Angebote geplant. Was ein Besuch in der Bewegungslandschaft kosten wird, steht noch nicht endgültig fest. Wir orientieren uns jedoch an den Preisen anderer Vereine, die bereits eine Bewegungslandschaft betreiben. Zu Beginn haben wir über den Spaß und die Vielfalt einer Bewegungslandschaft gesprochen, da klingt der Begriff „Bewegungslandschaft“ dafür fast förmlich. Gibt es denn schon einen Namen für die neuen Räumlichkeiten? Benjamin Haar: Bisher hat die Bewegungslandschaft noch keinen Namen. Aber vielleicht findet sich ja unter den Lesern der Info ein Sponsor, der ihr einen Namen geben möchte (Haar lacht). Vielen Dank für das Gespräch. Benjamin Haar Martin Finkbeiner Zur Firma Benz und Martin Finkbeiner: Die 1907 gegründete Gotthilf Benz Turngerätefabrik GmbH ist einer der führenden deutschen Hersteller von Turn- und Sportgeräten weltweit, Hauptsitz ist Winnenden. Martin Finkbeiner ist Diplom-Ingenieur (FH) und Diplom- Ingenieur-Designer und bereits seit 29 Jahren bei Benz tätig. In Zusammenarbeit mit dem Sportwissenschaftler Prof. Dr. Herbert Leikov vom Institut für Sportwissenschaft in Stuttgart wurden die ersten Konzepte für diese neuartigen Bewegungsräume erstellt. Finkbeiner hat diese in den letzten 20 Jahren angepasst und stets weiterent- wickelt. Inzwischen hat die Firma Benz Bewegungswelten in Rottenburg, Winnenden, Weinstadt und mittlerweile auch in Hamburg gebaut, die sich überall größter Beliebtheit erfreuen.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDAzMjI=